Reihenfolge der Inanspruchnahme bei der Lohnsteuerhaftung [R 42d.1 LStH 2017]

In Fällen, in denen Lohnsteuer vom Arbeitgeber nicht oder nicht voll­ständig abgeführt wurde – typischerweise bei Schwarzarbeit oder Scheinselbständigkeit – stellt sich die Frage, ob nachträglich der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer für die als Lohnsteuer zu erhebende Einkommensteuer in Anspruch zu nehmen ist. Steuerschuldner ist der Arbeitnehmer, § 38 Abs. 2 S. 1 EStG, während der Arbeitgeber als Haftungs­schuldner nach § 42d Abs. 1 EStG in Anspruch zu nehmen wäre. Steuerschuldner und Haftungsschuldner sind Gesamtschuldner, § 44 Abs. 1 S. 1 AO. Nach § 219 S. 1 AO ist grundsätzlich zunächst der Steuerschuldner in Anspruch zu nehmen. Dies gilt nach § 219 S. 2 AO allerdings nicht, wenn der Haftungsschuldner – wie hier beim Lohnsteuerabzug – verpflichtet war, Steuern einzubehalten und abzuführen oder zu Lasten eines anderen zu entrichten. Die Reihenfolge der Inanspruchnahme steht somit im Ermessen der Behörde. Hierzu verhält sich nun R42d.1 LStH 2017:

„Die Haftung des Arbeitgebers ist von einem Verschulden grundsätzlich nicht abhängig. Ein geringfügiges Verschulden oder ein schuldloses Verhalten des Arbeitgebers ist aber bei der Frage zu würdigen, ob eine Inanspruchnahme des Arbeitgebers im Rahmen des Ermessens liegt. Die Frage, ob der Arbeitgeber vor dem Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden darf, hängt wesentlich von den Gesamtumständen des Einzelfalles ab, wobei von dem gesetzgeberischen Zweck des Lohnsteuerverfahrens, durch den Abzug an der Quelle den schnellen Eingang der Lohnsteuer in einem vereinfachten Verfahren sicher­zustellen, auszugehen ist.“

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