Zuwendungen beim Ehegatten Oder-Konto

BFH, Urteil vom 23. November 2011 – II R 33/10 –, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473

Leitsatz

1. Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungsteuer unterworfen, trägt das FA die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann(Rn.27)(Rn.28).
2. Gibt es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll(Rn.29).

Orientierungssatz

1. Die Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten kann, wenn sie Tatsachen oder Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen betrifft, dazu führen, dass aus seinem Verhalten für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden (vgl. BFH-Urteil vom 15. Februar 1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462)(Rn.25).
2. Fehlen schriftliche oder mündliche Vereinbarungen über ein von der Auslegungsregel des § 430 BGB abweichendes Innenverhältnis zwischen den Eheleuten in Bezug auf ein Gemeinschaftskonto, ist das Innenverhältnis vornehmlich aus dem Verhalten der Eheleute zu erschließen. Maßgeblich ist, wie die Eheleute das Oder-Konto tatsächlich handhaben. Kann auch der Ehegatte, der keine Einzahlungen auf das Oder-Konto leistet, auf die vom anderen Ehegatten geleisteten Mittel zur Bildung eigenen Vermögens zugreifen, kann dies dafür sprechen, dass es bei der gesetzlichen Ausgleichsregel des § 430 BGB bleiben soll und jeder Ehegatte über den danach auf ihn entfallenden Teil des Kontoguthabens tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann(Rn.23).
3. Die Errichtung eines gemeinsamen Depots von Eheleuten (Oder-Depot) gibt über die Eigentumslage an den verwahrten Wertpapieren in der Regel keinen Aufschluss. Beim Oder-Depot ist zwischen der Eigentumslage an den verwahrten Wertpapieren und den Rechten aus dem Depotverwahrungsvertrag zu unterscheiden. § 430 BGB, der das Innenverhältnis von Gesamtgläubigern regelt, ist nur für die Rechte aus dem Verwahrungsvertrag von Bedeutung; nur in Bezug auf diese Rechte, nicht aber in Bezug auf die verwahrten Wertpapiere sind die Inhaber eines Oder-Depots Gesamtgläubiger. Für die Eigentumslage depotverwahrter Wertpapiere stellt § 1006 BGB eine Vermutung und § 742 BGB („im Zweifel“) eine schwach ausgeprägte Auslegungsregel für gleiche Anteile der Oder-Depotinhaber auf(Rn.32).

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